25. September Die DGE hat ein neues Präsidium
Mit der Wahl des neuen Präsidium am 24. September hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) einen Generationswechsel vollzogen – und damit verbunden einen herzlichen Glückwunsch an das neue Führungstrio mit Prof. Britta Renner als Präsidentin sowie Prof. Anette Buyken und Prof. Ute Nöthlings als Stellvertreterinnen. Mit Prof. Dr. Britta Renner von der Universität Konstanz übernimmt eine erfolgreiche Wissenschaftlerin die Präsidentschaft, die seit Jahren an der Schnittstelle zwischen Psychologie, Ernährung und Gesundheit forscht – und die sich zugleich in politischen Gremien, wissenschaftlichen Beiräten und öffentlichen Debatten einen Namen gemacht hat.
Renner tritt in große Fußstapfen: Prof Volker Pudel – bisher einziger Ernährungspsychologe in der Riege der Präsident*innen – galt in den 80er und 90er Jahren als prägende Figur in der deutschsprachigen Ernährungswissenschaft, insbesondere in der Schnittstelle von Psychologie und Ernährung. Pudel war nicht unumstritten – seine Beziehungen zur Lebensmittelindutrie waren vielen ein Anlass zur Kritik. Innerhalb der DGE leistete er durch seine langjährige Präsenz, inhaltliche Mitgestaltung und Kommunikationsaktivitäten einen beachtlichen Beitrag, insbesondere indem er Themen des Essverhaltens und Verhaltenssteuerung gegenüber den klassischen Ernährungswissenschaftlichen Themen stärker in den Fokus rückte (.. was übrigens die Leistung des von mir sehr geschätzten Bernhard Watzl nicht schmälern soll!)
Leicht haben werden es Frau Renner und ihr Team nicht: Das Thema Ernährung ist ein Minenfeld aus Industrieinteressen, politischen Kompromissen und gesellschaftlichen Widerständen. Hier droht jeder ambitionierte Vorstoß in zähen Diskussionen und Prozessen verwässert zu werden. Zudem ist die DGE eine traditionsreiche Gesellschaft mit fest eingespielten Strukturen – in der die Durchsetzung neuer Impulse langen Atem braucht und sicher auch internen Widerstand überwinden muss. Aber: Eine Deutsche Gesellschaft für Ernährung muss mehr sein als Slow Food Bad Godesberg – und sich entsprechenden Aufgaben und Herausforderungen stellen müssen. Als Präsidentin der DGE könnte Renner eine neue Linie setzen: weg von der stark auf die klassisch ernährungswissenschaftlich fokusierte Perspektive hin zu einem umfassenderen Blick auf Ernährungssysteme, Konsumverhalten und gesellschaftliche Gerechtigkeit. Mit ihrer Expertise in Verhaltenspsychologie und ihrer Erfahrung in politischen Beratungsprozessen hat sie zweifellos das Potenzial, die DGE moderner und anschlussfähiger zu machen – sowohl für die wissenschaftliche Community als auch für die breite Bevölkerung.
Dabei geht es um nicht weniger als die Verbindung der klassisch ernährungswissenschaftlich fokusierten Perspektive mit den Erwartungen der Öffentlichkeit/Verbraucher an eine „Deutsche Gesellschaft für Ernährung“ und zudem die Positionierung gegenüber Ernährungspolitik und Lebensmittelindustrie. Wenn es das neue Präsidium schafft, aus den Schwachstellen der Vergangenheit zu lernen und gleichzeitig die Menschen nicht aus dem Blick zu verlieren, wird das Stellung der DGE als Opinion Leader in Sachen Ernährung aufbauen und stärken. Wenn nicht, könnte die DGE durch einVer in den eigenen Traditionen in der Bedeutungslosigkeit versinken. Wenn die DGE allerdings in Traditionen, hehren Ansprüchen und im tiefen Respekt vor all ihren Wichtig-Wichtig-Mitgliedern aus der Wissenschaft verharrt, könnte sie in nicht alzu ferner Zukunft in der Bedeutungslosigkeit versinken.
Mehr Infos zu den Vizepräsidentinnen Prof. Anette Buyken und Prof. Ute Nöthlings
Infos zu Prof. Volker Pudel
Dr. Friedhelm Mühleib
Foto: Britta Renner ©Christian Hartz